Alles begann damit, dass plötzlich einige Neugierige anfingen, ihre Fotos nicht mehr mit der bewährten Spiegelreflexkamera zu knipsen, sondern mit einer Digitalkamera. Oder waren es doch zuerst die Musikfans, die anstatt ihre Musik “scheibenweise” auf Vinyl und CD zu hören, auf mp3 umgestiegen sind?
Dieses Phänomen sollte sich in den nächsten Jahren noch einige Male wiederholen: “Early Adopters” nutzen neue Technologien, die kleiner, einfacher oder billiger als am Markt etablierte Marken sind. Sie entstehen in Nischenmärkten, in denen sich die Produktperformance (die im Vergleich zur etablierten Performance schwächer ausfällt) bestens weiterentwickeln kann und dann aus der Nische heraustritt. Plötzlich überholt die “neue Technologie” die “alte Technologie” und verdrängt schlussendlich die etablierten Unternehmen vom Markt. Dies geschah nicht nur dem Fotoapparat oder der CD, selbst die SMS, die selbst schon eine Innovation des Neuen Marktes war, wurde von Real-Time-Messenger-Diensten wie WhatsApp an den Rande der Bedeutungslosigkeit verdrängt.
Disruptive Technologies
Clayton M. Christensen von der Harvard Business School beschrieb 1997 dieses Phänomen als disruptive Technologien und etablierte damit einen Begriff, der die Diskussion um Innovation bis heute prägt. Sein “Innovator’s dilemma” beschreibt die Unfähigkeit etablierter Marken, in kritischen Situationen eine richtige Entscheidung zu treffen: “Doing the right thing is doing the wrong thing”.
Die Diskussion hat sich aber weiter entwickelt: Es geht längst nicht mehr nur darum, welche neue Technologie auf dem Markt eine andere überholt. Und warum. Oder dass sich so mancher Branchen-Dinosaurier schleunigst Gedanken um seine Strategie machen muss, wenn er am Markt überleben will.
Digitale Transformation: Chance durch Wandel
Nein, es geht um viel grundsätzlichere Fragen. Es geht darum, welche Herausforderungen und Chancen dieser Wandel mit sich bringt und wie wir diesen Möglichkeiten begegnen. Es geht um die Frage, welchen neuen Mechanismen die Industrie 4.0 unterliegt. Es geht darum, wie das “Internet of Things” grundlegend unser Leben verändert. Denn das passiert bereits heute! Es geht vor allem darum, dass die digitale Transformation eine unglaubliche Vielzahl an Veränderung mit sich bringen wird. Wir stehen an der Schwelle zur 4. industriellen Revolution, und das Schlimme ist: Wir haben keinen blassen Schimmer, wie wir damit am besten umgehen sollen!
Industrielle Revolution(en)
Angefangen hatte es mit der 1. industriellen Revolution vor rund 200 Jahren, als die gerade erfundene Dampfmaschine Handwerker und Manufakturen verdrängte. Die Erfindung der Eisenbahn ermöglichte dem Menschen eine nie geahnte Mobilität. Hundert Jahre später wurden durch Elektrizität und Fließband (Autoproduktion bei Ford!) die Grundsteine für die industrielle Massenfertigung gelegt. In den 1970er Jahren, und das ist noch nicht so lange her, entwickelte der Mensch den Computer, machte ihn alltagstauglich und ermöglichte die Automatisierung. Die Erfindung des Internets in den 1990er Jahren sorgte für eine weltweite und multifunktionale Vernetzung, alles digital versteht sich. Das Ergebnis dessen erleben Sie gerade: In ihrer Hand, vor ihren Augen, auf Ihrem Tisch. Eigentlich immer und überall.
Es gibt viele Experten, die der Ansicht sind, dass die digitale Transformation nicht die größte Umwälzung aller Zeiten, sondern lediglich der Anfang dessen ist. Der Anfang eines monumentalen Paradigmenwechsels, in dem grundlegend neue Gesetzmäßigkeiten gelten. Warum? Weil Sie aller Voraussicht nach die Grundfeste unseres ökonomischen und sozialen Lebens erschüttern wird. Kaufentscheidungen, Produktionsprozesse, Wertschöpfungsketten, Lieferprozesse, Bezahlvorgänge und vieles, vieles mehr werden auf den Kopf gestellt. Aber nicht nur das: Die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten, wie wir miteinander interagieren, wie wir eine Gemeinschaft definieren, wird in Frage gestellt.
Wie wollen wir in Zukunft leben?
Die Frage, die daraus resultiert: Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten? Die Spannweite der Möglichkeiten reicht von düsteren Utopien wie in George Orwells Roman 1984 bis hin zu futuristischen Visionen auf Gene Roddenberrys Raumschiff Enterprise, von Wissenschaftlern wie Stephen Hawking bis hin zu Michio Kaku.