Dekorativ: Frau sitzt verzweifelt vor dem PC

Sorgenkind Customer Service. Ein Erklärungsversuch 

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Angesichts der zahlreichen Berichte genervter Nutzer des Customer Service von Telekommunikationsdienstleistern könnte man annehmen, die Telekommunikationsbranche habe die Bedeutung der Worte “Dienstleistung” oder “Kundenservice” nicht verstanden. Nur soviel sei vorweg genommen: Dieser Eindruck stimmt nur teilweise! Gerade die großen TK-Anbieter sind Gefangene der eigenen Unternehmensgröße, der eigenen Prozesse und natürlich des Marktes.

Datenverkehr wird exponentiell wachsen

Aus Kundensicht ist Telekommunikation aus dem Unternehmensalltag nicht mehr wegzudenken, oft gar überlebenswichtig. Und Customer Service ist ein wichtiger Teil davon. Gleichzeitig werden Telekommunikationsdienstleistungen immer günstiger:

Die Verbreitung des mobilen Internets und die Wandelung von klassischer Telefonie zu “All-IP” führen zu einem ständig wachsenden Datenverkehr.

Fachleuten zufolge wird sich das Datenvolumen bis 2020 von heute 4,4 Billionen Gigabyte auf 44 Billionen Gigabyte verzehnfachen. Seit 2010 hat sich das Datenvolumen knapp verdreifacht. Seit 2012 verdoppelt. Was bedeutet das für Netzbetreiber? In immer kürzeren Intervallen müssen Netzinfrastrukturen erneuert und ausgebaut werden, um den Nutzern eine konstante Servicequalität anbieten zu können. Gleichzeitig steigen aber auch die Ansprüche der Kunden an Bandbreite.

Steigendes Angebot bei gleichen Kosten

Bei fallenden Preisen und steigenden Anforderungen bedeutet das letztlich “Kostenoptimierung” um gerade Großunternehmen wirtschaftlich zu halten. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde zwischen 2008 und 2014 die Mitarbeiteranzahl eines Telekommunikationsriesen in Deutschland knapp halbiert. Natürlich nicht ohne Folgen, vor allem auch für die Qualität des Customer Service.

 

Kundensupport wird ausgelagert

Das Zauberwort heißt Business Process Outsourcing (BPO), das bedeutet, Prozesse werden ausgelagert und günstig extern eingekauft. Die Kehrseite der Medaille: Die Mitarbeiter des Customer Service der beauftragten Call-Center sind meist schlecht bezahlt, die Teams unterliegen hoher Mitarbeiterfluktuation und es fehlt an grundlegendem Wissen und Identifikation mit dem Auftraggeber und seinem Produkt. Darüber hinaus werden unter Umständen strikte Zeitvorgaben für die Abwicklung von “Incidents”, so nennt man die Supportanfragen der Kunden auch, gemacht. Solange es sich um Anfragen handelt die durch einen Prozess abgebildet sind und deren Lösungen bestenfalls in einem Handbuch nachzulesen sind, gibt es kein Problem.

 

Bitte keine individuelle Probleme

In diesem Umfeld hat man es in den vergangenen Jahren sogar geschafft, die Servicequalität durch bessere Prozessabbildungen und durch Online-Angebote zu verbessern. Fälle, die aber durch dieses Raster fallen, bleiben auf der Strecke. Warum? Weil die Mitarbeiter der Call-Center durch Zielvorgaben so gesteuert werden, dass sich kaum jemand in der Lage sieht sich tatsächlich des “Problems” des Kunden persönlich und fachübergreifend anzunehmen. Erschwert wird das durch den Fakt, dass die Call-Center Agenten in aller Regel gar nicht für den Netzbetreiber arbeiten und somit weder Kenntnis der Prozesse noch über Ansprechpartner beim Netzbetreiber verfügen. Man könnte sagen: Die Sollbruchstelle ist eingebaut.

Dass man es besser machen kann, zeigen die von allen großen Netzbetreibern für besonders wichtige Kunden angebotenen Hotlines, die mit allen nötigen Kompetenzen und Kontakten ausgestattet sind, um deren Anfragen schnell und kompetent zu beantworten und Probleme zu lösen.

Diese Situation bietet gerade kleineren Telekommunikationsanbietern großen Raum zur Differenzierung. Auch durch Dienstleistung bei Störungsbeseitigung, insbesondere dadurch, dass man sich mit dem “Problem” des Kunden auseinander setzt, ist hier ein Kriterium. Kleine Netzbetreiber beschäftigen in aller Regel eigenes Personal für den Customer Service sowohl auf technischer, als auch auf kommerzieller Ebene. Somit ist hier zumindest die Identifikation mit dem TK-Anbieter schon mal gegeben: “Auf die kann ich mich verlassen”.

Im Customer Service macht der Ton die Musik

Fast jeder hat Verständnis dafür, dass bei immer komplexer werdenden technischen Vorgängen Störungen auftreten können. Beanstandungen gibt es in der Regel dann, wenn mehrfach nachgehakt werden muss und offensichtlich die Kompetenz und die Identifikation mit dem Kunden fehlt. Gerade letzteres führt oft zu “Verstimmungen” beim Kunden. Was man in jedem Falle nicht vergessen sollte: “Der Ton macht die Musik”. Jeder der schon einmal im direkten Kundenkontakt gestanden hat, weiß wovon ich rede. Beide Seiten müssen sich darüber bewusst sein, dass keiner der Kontrahenten etwas für das Problem des anderen kann.

Keep calm and ask your local shop

Unter dem Strich bleibt nur, ruhig zu bleiben und wenn gar nichts mehr hilft: Einen Retail-Shop aufzusuchen und sich dort weiterhelfen zu lassen. In aller Regel haben die Call-Center Agenten auch Listen von “echten” Retail-Shops, die über Zugriff auf die Systeme der Netzbetreiber verfügen. Und somit die entscheidenden Einsichts- und Aktionsmöglichkeiten haben, die Call-Centern und Vertriebspartnern oft fehlen.

Was ist nun das Fazit?

Traurig, aber wahr: Bei großen Telekommunikationsunternehmen gerät auf Grund des Kostendrucks die Wichtigkeit des einzelnen Kunden in den Hintergrund. Überspitzt formuliert ist der Shareholder Value im Grunde wichtiger als die Zufriedenheit des Kunden, wenn es mal ein Problem gibt. Wenn ein Kunde kündigt, dann kommt bald ganz sicher ein neuer. Bei kleinen Telekommunikationsunternehmen ist letztlich jeder Kunde wichtig, aber der Aufwand, der für jeden Kunden getrieben werden muss – egal wie groß der Umsatz des jeweiligen Kunden ist, gleich groß. Das Ziel ist also Kunden zu halten, indem man sich des Kunden annimmt. Customer Service wird hier groß geschrieben! Bei limitierten Ressourcen bedeutet das aber auch eine Begrenzung des Wachstums.

Die Situation der Verflechtungen zwischen den Netzbetreibern als Konkurrent und Vorlieferant führen auch nicht selten dazu, dass bei betreiberübergreifenden Störungen Verzögerungen auftreten.

Wie können nun beide voneinander lernen? In Großunternehmen sind in aller Regel Prozesse wohl definiert und automatisiert. Häufig können aber Fälle, die sich außerhalb des Prozesses bewegen nicht mehr sauber gelöst werden. In kleinen Unternehmen überwiegt noch “Handarbeit”: Individuelle Probleme und Unstimmigkeiten fallen bereits in der Abwicklung auf und können dadurch frühzeitig abgefangen und schnell gelöst werden.

Wie könnte Customer Service idealerweise funktionieren?

In einer idealen Welt hätten Telekommunikationsanbieter für ihren Customer Service auf der einen Seite wohl durchdachte, standardisierte Prozesse, um Kunden schnell und effizient z.B. per Webportal zu bedienen. Auf der anderen Seite würden Tracking-Mechanismen etabliert werden, die erlauben, individuelle Probleme, die nicht durch standardisierte Prozesse abgedeckt sind, sofort an ein Customer Service Clearing-Team zu Bearbeitung weiterzugeben, das mit den nötigen Zugriffen und Vollmachten ausgestattet ist. Ähnlich dem beschriebenen VIP-Support. Nur dass eben jener Kunde, der ein “aus dem Prozess gefallene” Anforderung hat, zum VIP mit persönlichem Ansprechpartner wird. Durch kontinuierliches Feedback aus dem Clearing-Team in die Prozess-Teams können mittelfristig auch die Prozess-Standards verbessert werden. Somit würden die Kosten weiter optimiert, ohne dass es auf Kosten des Customer Service geht.

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